Einige Gedanken:

 

  • Ich wurde als Mann geboren.
  • Meine Identität ist weiblich.
  • Eine Frau werde ich nie sein, immer nur eine Annäherung. Selbst wenn meine Transition mit 14 begonnen hätte, wäre ich, vielleicht im Auge des Betrachters eher weiblich als jetzt. Jedoch würde ich nie „Frau“ sein, sondern im besten Fall eine Transfrau sein.
  • Als Mann zu leben erzeugt bei mir ein Gefühl von Identitätsverlust, von Verlogenheit, von „nicht-wirklich-da-sein“, von „nicht-wirklich-echt-sein“, von „sich-verstecken-müssen“,von „sich-schämen-müssen“…. Es ist eine inne Ablehnung dessen, was ich selbst bin und lebe. Dahinter wartet nur die Depression und  Selbstverletzung. Es ist aber keine Ablehnung nach dem Motto „ich hasse es ein Mann zu sein“, sondern ich hasse es nicht ich selbst sein zu können, dass dadurch oft auch eine Ablehnung meiner männlichen Anteile einhergeht ist wohl nur normal. Je offener ich meine Weiblichkeit lebe, desto offener gehe ich mit meiner Männlichkeit um. 
  • Als Mann zu leben ist in vielen Situationen für mich „einfacher“: Beruflich, im Alltag, mit Kontakten, Freunden, Ärzten…
  • Frau-Sein definiert sich nicht alleine über Kleidung und Schminke. Wenn ich mich schminke und zurecht mache brauche ich dafür ca. 1 h. Diese Zeit benötige ich um in meiner eigentlichen Identität anzukommen. Ich bin dann anderst: ich bin klarer, bin bei mir, bin da, bin selbstbewußter… 
  • Identität ist nicht etwas, was man sich aussucht. Ich habe über 50 Jahre versucht meine weibliche Identität zu verändern, in vielen Therapien zu „heilen“, meine männliche Identität zu akzeptieren und zu stärken…   inzwischen muß ich erkennen, dass dies nicht möglich ist. Identität macht uns zum dem Menschen, der wir sind, sie läßt sich nicht verändern.
  • Identität hat nichts mit „ich wäre gerne eine Frau“ zu tun. Meine Identität ist weiblich. Das sucht man sich nicht aus. Daher ist für viele Trans-Menschen der letzte Ausweg Selbstmord. 
  • Unsere Gesellschaft ist immernoch auf der Dualiät von männlich-weiblich gegründet, obwohl längst bekannt ist, dass es deutlich mehr Geschlechtsvarianten gibt als Penis und Vulva. Und längst ist bekannt, dass die Bestimmung des Geschlechts auch biologisch viel komplizierter ist, als der oberflächliche Blick zwischen die Beine vermuten läßt. Gene, Chromosomen, Hormone und geschlechtliche Identität bieten viele Möglichkeiten der Geschlechstvarianten und die Menschheit sollte dies nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern als Möglichkeiten des Menschseins begreifen, anstatt im 21. Jahrhundert noch immer die Einsichten der Neandertaler nachzuäffen.
  • Der Wunsch das Geschlecht zu wechseln hat nichts mit der Unzufriedenheit mit Rollenklischees zu tun. Laut dem Rollenklischee würde ich meine Privilegien als Mann aufgeben um als Frau zu leben, von Sexismus, Gewalt und Ausgrenzung mal ganz abgesehen. Ganz ehrlich, Frauen haben es nicht leichter als Männer, ganz im Gegenteil!
  • Natürlich habe ich auch ich Rollenbilder im Kopf, aber die sind nicht zweigeteilt in Männer = böse und Frauen = gut. Ganz so einfach schwarz-weiß ist mein Rollenverständnis nicht. Ich erkenne durchaus auch im Mann-sein positive Eigenschaften und nutze sie auch, sonst wäre ich nicht soweit gekommen. Aber als Transfrau kann ich meine „männlichen“ Eigenschaften offener und freier leben. Einfach deshalb, weil ich mehr ICH bin